1. Ausfahrt hinter der holländischen Grenze scharf rechts
Ich bin mir gerade selbst nicht sicher, wo ich das jetzt posten soll, also fülle ich mal diese Kategorie, weil Sucht ja oftmals etwas Zwischenmenschliches hat
Unsere bisherige Ansicht von Sucht ist weitestgehend geprägt durch ein Experiment an Ratten. Man hat also eine Ratte eingesperrt und ihr zwei verschiedene Getränke angeboten ... einmal pures Wasser, einmal Wasser mit Heroin oder Kokain versetzt. Die Ratte entschied sich in den meisten Fällen für das drogenhaltige Getränk und verstarb dann auch daran. Das überträgt man 1:1 auf Menschen und erklärt Drogensucht.
Irgendwann fiel dann einem Forscher auf, dass etwas an dem Experiment nicht richtig war: die ratte war nämlich allein im Käfig und hatte keine Abwechslung. Ratten leben aber in der Natur niemals allein. Also dasselbe Experiment mit mehreren Ratten in einme paradiesischen Rattenpark ... mit Gängen, Spielzeug, bestem Futter. Und siehe da, die Ratten tranken nur ein Viertel soviel von dem drogenversetzten Wasser und starben nicht daran.
Kann man das nun 1:1 auf Menschen übertragen? Wohl kaum. Aber dann ist da der Vietnamkrieg. Man schätzt, dass etwa ein Fünftel der GIs heroinabhängig waren. Aber eine Studie belegt, dass etwa 95% nach Ende des Krieges die Droge einfach absetzte.
Ein Professor erklärt "dass diese Entdeckung sowohl die konservative Ansicht anficht, dass Sucht eine moralische Schwäche ist, die durch zu viel Hedonismus und zu viele Partys ausgelöst wird, als auch die liberalere Sichtweise, dass Sucht eine Krankheit des durch Chemikalien überfluteten Gehirns ist. Seiner Meinung nach ist Sucht eine Anpassung - nicht Teil der Persönlichkeit, sondern ausgelöst durch den Käfig, der uns umgibt."
Weiterführende Experimente mit den Ratten belegten, dass die isolierten, abhängigen Tiere ihre Scht ablegten, wenn sie ins "Rattenparadies" kamen.
Ähnlich ist es beim Menschen, der nach einer OP über Wochen Diamorphin einnehmen, was reinstes Heroin ist. Nach Verlassen des Krankenhauses nimmt er die Droge einfach nicht mehr zu sich.
Wo man Drogenabhängigen eine Perspektive gibt, sie wieder in bestehende Gruppen integriert (=Rattenparadies), ist die Rückfallquote sehr gering. In Portugal gibt es entsprechende Projekte, wo Drogen entkriminalisiert wurden und den Süchtigen Jobs, Wohnraum und vor allem sozialen Kontakte und Gefühle geboten wurden. In den 15 Jahren, in denen diese Politik verfolgt wurde, hat sich der Verbrauch von injizierbaren Drogen um die Hälfte gesenkt hat.
Bruce Alexander, der Erfinder des "Rattenparadieses" zieht daraus den Schluss, dass die Gesellschaft genesen muss und nicht der Einzelne.