Erstmals wollen die gesetzlichen Krankenkassen aus der umfassenden Versorgung der Frauen mit Hebammenhilfe aussteigen. Geht es nach ihrem Willen, dürfen sich Frauen künftig nur noch unter sehr eingeschränkten Voraussetzungen für eine außerklinische Geburt als Kassenleistung entscheiden.
Wie die meisten von euch wissen, bin ich von Beruf uns aus Überzeugung Hebamme. Schon vor einer ganzen Weile lief da in Deutschland einiges falsch. So habe ich zum Beispiel als freie Hebamme gearbeitet, habe Hausgeburten gemacht, habe mich persönlich sehr engagiert, hatte auch viele werdende Mütter, die zu mir kamen. Zu diesem Beruf braucht man, wenn man ihn freiberuflich machen will, mehr als den Wunsch Geld zu verdienen. Reich in finanzieller Hinsicht wird man nicht, das ist einem bewusst. Aber man hat das Gefühl etwas sehr wichtiges und wertvolles zu tun … der Reichtum ist also immatriell.
Dann wurden die Prämien für die gesetzlich vorgeschriebene Haftpflicht immer teurer und bei allem Engagement kam ich an den Punkt, wo ich beinahe noch Geld zu jeder Geburt hätte mitbringen müssen. So gab ich meinen Traum auf. Aber dann stieß ich auf ein Inserat eines Geburtshauses in den Niederlanden, in Enschede, die eine deutsche oder deutschsprachige Hebamme suchten. Was ich dort vorfand, war ein Traum. Man hatte die zeit für die Mütter (und Väter), die Frau stand im absoluten Mittelpunkt … so wollte ich arbeiten … ich bekam den Job, der weit mehr als ein Job ist. Seit nunmehr fast zwei Jahren habe ich dort ein Zuhause gefunden, eine neue Sprache (manche nennen es Rachenerkrankung ) gelernt und fühle mich angekommen.
Trotzdem lässt mich nicht kalt, was da gerade in Deutschland läuft.
Worum geht es? Man will den deutschen Frauen das Recht auf Selbstbestimmung beim privatesten und einschneidensten Erlebnis, der Geburt, nehmen.
Wer? Die gesetzlichen Krankenkassen.
Warum? Aus Kostengründen.
Geht es nach dem Willen des GKV-SV, der alle gesetzlichen Krankenversicherungen vertritt (AOK, Techniker, DAK, Barmer etc.), dürfen sich Frauen künftig nur noch unter sehr eingeschränkten Voraussetzungen für eine außerklinische Geburt als Kassenleistung entscheiden. Das Überschreiten des errechneten Termins um bereits einen Tag ist dabei das umstrittenste Kriterium.
Erst schreiben die Krankenkassen den Frauen vor, wo sie gebären sollen und als nächstes wollen sie bestimmen, wie. Die Konsequenz könnte sein, dass Kaiserschnitte zukünftig die normale Form der Geburt sein werden. In vielen Kliniken gelten strenge Richtlinien, die oft keine wissenschaftliche Grundlage haben. Ein dauerhaftes CTG ist dafür nur ein Beispiel. Im Vordergrund stehen Wirtschaftlichkeit und die Angst vor Schadensersatzansprüchen. Auch deshalb steigt die Anzahl der Kaiserschnitte seit Jahren stetig an. Erst an zweiter Stelle geht es um die Sicherheit der Babys und Mütter.
Schwangere haben längst aufgehört, guter Hoffnung zu sein. Ängste, oft verursacht durch die zahlreichen aber nicht notwendigen Untersuchungsmöglichkeiten, bestimmen die Schwangerschaft. Wenn nun die Krankenkassen mit ihrer Entscheidung auch noch vermitteln, es sei gefährlich bspw. den errechneten Termin um auch nur einen Tag zu überschreiten, wird sich dies auch auf klinische Geburten auswirken. Schon heute wird bei 90 Prozent aller Geburten medizinisch eingegriffen, ohne dass es in vielen Fällen wirklich nötig ist. Der bereits bestehende Trend zur frühen Einleitung, verbunden mit weiteren Eingriffen bis hin zum Kaiserschnitt wird dadurch verstärkt.
Da eine gesunde Schwangerschaft zwischen 38 und 42 Wochen dauert, wird von einer Übertragung im medizinischen Sinne erst ab ET+14 gesprochen. Bisher konnten die Frauen mit ihren Hebammen und/oder Ärzten nach ausführlicher Aufklärung frei wählen, wo sie gebären wollen. Nach den Vorstellungen der Kassen ist dies bald vorbei – zumindest wenn die Frauen auf Erstattung durch die Krankenkasse angewiesen sind.
Ich habe da wie so oft eine Petition, die aus meiner Sicht unglaublich wichtig ist und die ich euch ans Herz legen möchte:
https://www.change.org/p/geburt-darf-kei...t-elternprotest
Eure Bonnie